Atomwaffen A-Z

Finsterwalde

ehem. Atomwaffenstandort, Deutschland

Während der Zeit des Kalten Krieges betrieben die sowjetischen Luftstreitkräfte auf dem Gebiet der damaligen DDR insgesamt sieben aktive Kernwaffenlager im Bereich der Flugplätze Altenburg, Brand, Finsterwalde, Groß Dölln, Großenhain, Lärz und Werneuchen.

Auf dem Gelände des Militär-Flugplatzes Finsterwalde lagerten mit großer Wahrscheinlichkeit Kernwaffen sowjetischer Bauart. Der Kernwaffenbunker (51°35'40“N, 13°45'12“O), ca. 5 km südöstlich der Stadt Finsterwalde, befindet sich südlich der Rollbahn und ist heute noch vorhanden. Die Anlage wurde zwischen 1961 und 1964 errichtet. Es handelt sich um einen erdangedeckten Lagerbunker für Sonderwaffen als monolithisches Bauwerk. Der Bunker besteht aus einem zweigeschossigen technischen Bereich, an dem sich hinter einem zweiten Tor der ca. 40 x 9 m große Lagerraum anschließt. Das Bauwerk war durchgehend per Lkw befahrbar. Die massiven Drucktore wiegen ca. 25 Tonnen.

Wie viele Waffen genau auf dem Militär-Flugplatz Finsterwalde lagerten, konnte nicht recherchiert werden. Es heißt lediglich, dass das dortige 559. sowjetische Jagdbombenflieger-Regiment ein «gehärtetes» Sonderwaffenlager „GRANIT“ zur Aufnahme von jeweils bis zu 40 Atombomben gestellt bekam. In Finsterwalde waren zu dieser Zeit Jagdbomber Suchoj Su-7 Jagdbomber stationiert, die technisch dazu in der Lage waren, Nuklearwaffen einzusetzen. Später wurden auch Jagdbomber des Typs MiG-23 und MiG-27 dort eingesetzt. In den 1980er Jahren sei die Lagerkapazität in Finsterwalde dann bis auf 80 Atomsprengköpfe gestiegen.

Das Lager trug die unauffällige Bezeichnung „2952 Reparatur-Technische Basis“. Das war eine Tarnbezeichnung innerhalb des militärischen Sprachgebrauchs und sollte über die tatsächlichen Aufgabe hinweg täuschen. Die Angehörigen der um dieses Lager stationierten Einheiten wurden die „Taubstummen“ genannt. Sie waren direkt höchsten Entscheidungsgremien in Moskau unterstellt und durften über ihre Tätigkeit nicht sprechen.

Noch ein weiteres Indiz spricht nach Recherchen der Zeitschrift „Fliegerrevue extra“ dafür, dass im Ernstfall Düsenjets mit Atomwaffen an Bord von Finsterwalde aus Richtung Westen gestartet wären. Denn in Finsterwalde sowie auf dem Nachbarflugplatz Großenhain seien entsprechende Einsätze trainiert worden. So berichten Augenzeugen in der Fliegerrevue: „Am 7. Oktober flogen in Finsterwalde stationierte Fitter (NATO-Bezeichnung der Su-7) mindestens vier LABS-Übungsangriffe (Anflüge auf niedriger Höhe). Die Flugzeuge überflogen den Flugplatz in zirka 650 Meter, gingen dann in einen senkrechten Steigflug bis auf 1200 Meter, drehten für einige Sekunden in Rückenlage, um danach in Normallage weiter zudrehen und in Richtung Westen davon weiter zufliegen“. Diese als „Schleuderwurf“ bekannte Flugbewegung wird an späterer Stelle im Heft als typisch für Atomwaffenangriffe beschrieben. Die Bomben wurden abgeworfen, sobald sich das Flugzeug in einem 45-Grad-Winkel im Steigflug befand, wodurch die Bombe erst nach oben geschleudert wurde und dann wieder nach unten fiel. „Das Schleuderverfahren gewährleistete dem Piloten eine gewisse Sicherheit beim Zielanflug und steigerte seine Überlebenschance nach dem Abwurf der brisanten Waffenlast, bedingt durch die relativ lange Fallzeit der Bombe“ , so der Bericht der Fliegerrevue.

Bearbeitungsstand: November 2009

Weitere Informationen über Atomwaffenstandorte in Deutschland

Quellen:

Lausitzer Rundschau, 12.09.2008
Fliegerrevue Extra, Nr. 22, Atomwaffen in der DDR, September 2008
Untergrund-Brandenburg.de: GSSD Sonderwaffenlager Finsterwalde
Erler M: Die Schattenreiche der Roten Armee Teil 1, MDR, 18.10.2005

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