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Raketenentwicklung

Den ersten Höhepunkt erreichte die Raketenentwicklung in Deutschland zur Zeit des Zweiten Weltkrieges. Die deutschen Militärs erkannten, dass Raketen als Waffe von großem Nutzen sein könnten. In der Heeresversuchsanstalt Peenemünde baute das Team um Wernher von Braun unter militärischer Aufsicht rund 6.000 Raketen. Mehr als 3.000 dieser Raketen wurden auf London und andere europäische Städte abgefeuert.

Die V2-Rakete

Sie wurden von der Propaganda als Vergeltungswaffen bezeichnet und unter den Kürzeln V1 und V2 bekannt. Über 12.000 Menschen starben durch sie, 5.000 Häuser wurden zerstört. Die 1936 entworfene V2 war das Grundmodell aller weiteren ballistischen Fernraketen: Sie war 14 Meter lang, mehr als 13 Tonnen schwer, erbrachte 25 Tonnen Schubkraft und konnte einen 1.000 Kilogramm schweren Sprengkopf 300 Kilometer weit transportieren. Mehr als 1.500 Stück wurden im Verlauf des Zweiten Weltkrieges mit dem Ziel England abgeschossen. Über 2.100 weitere V2-Raketen gingen auf die Städte Lüttich, Antwerpen und Brüssel nieder.

Kriegsverwüstung in EnglandIm September 1944 erschienen über England die ersten V2-Raketen. Es war eine schreckliche Waffe mit hoher Explosionswirkung. Bald verging kein Tag ohne Beschuss. Im Dezember wurden im Durchschnitt 14 Raketen pro Tag abgefeuert. Augenzeugen berichteten über die niedergehenden V2-Raketen: „Sie kommen lautlos und fallen wie abgeschossene Sterne, dann verursachen sie ein ungeheures Getöse, das auf zehn Kilometern zu hören ist." Ein Mann, der sich bei einer solchen Explosion weniger als 50 Meter entfernt befand, erzählte: „Ich hörte vor der Explosion keinerlei Geräusch - dann dachte ich, es sei das Ende der Welt."

Weiterentwickung von Raketen

Nach dem Sieg im Zweiten Weltkrieg nutzten die alliierten Militärs in Washington und Moskau die deutschen Kenntnisse im Raketenbau. Die V2 wurde kopiert und weiterentwickelt. Ziel war der Bau von Interkontinentalraketen. Mit nuklearen Sprengköpfen an der Spitze wird die Vernichtungskraft von Raketen ins unermessliche gesteigert und kann an jeden Ort der Erde getragen werden. Raketentechnologie wurde von den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion an ihre Verbündeten weitergegeben. So erlangte eine wachsende Zahl von Staaten die Fähigkeit, ballistische Raketen selbst herzustellen.

Das deutsche Rüstungsministerium befahl gegen Ende des Zweiten Weltkrieges die Vernichtung aller Unterlagen zum Raketenbau. Von Braun versteckte das Material. Im Zuge der „Operation Paperclip" wurden er und sein Team sowie noch nicht abgefeuerte V2-Raketen in die USA verbracht. Dort erhielt von Braun den Auftrag, aus der V2 neue militärische Raketen zu entwickeln. Mit der Redstone wurde im Koreakrieg die erste militärische Rakete der USA eingesetzt.

Der Sputnik

Mit der „Operation Ossavakim" wurden Herrmann Gröttrup und weitere deutsche Raketentechniker in die UdSSR gebracht, um das Wissen der Deutschen zu nutzen. Am 4. Oktober 1957 brachte die Sowjetunion als erstes Land einen Satelliten in den Weltraum, den Sputnik-1. Er war kaum größer als ein Ball und wog etwa 90 Kilogramm. Seine Funksignale bestanden nur aus einem monotonen „Biep, biep, biep". Die USA waren geschockt, allerdings nicht durch den Sputnik selbst, sondern von der Trägerrakete, mit der die Sowjets den künstlichen Himmelskörper in die Erdumlaufbahn schossen. Sie zeigte, dass die UdSSR die USA von jedem Punkt der Erde aus mit Atomwaffen bedrohen konnte. Als Reaktion bewilligte die amerikanische Regierung Milliardenbeträge, um ihren Rückstand auf dem Gebiet aufzuholen.

Weiterverbreitung von Raketen

Deutsche Ingenieure, denen es nach dem Zweiten Weltkrieg untersagt war, Raketen im eigenen Land zu entwickeln, verbreiteten Kenntnisse zur Raketenentwicklung auch in andere Länder, etwa nach Ägypten, Argentinien und in den Irak. Die Sowjetunion stellte ihren Verbündeten Kurzstreckensysteme wie Scud-B zur Verfügung. Auch die USA und private Firmen aus Europa halfen einigen Ländern kräftig beim Aufbau ihrer Raketenstreitkräfte. Dabei ist folgendes Grundmuster zu beobachten:

  • Erwerb von Grundlagenwissen durch Ausbildung im Ausland;
  • Sammeln praktischer Erfahrungen und Austausch von Fachpersonal;
  • Import von Komponenten und Anlagen, die für ein Raketenprogramm verwendet werden können, teilweise unter dem Deckmantel ziviler Zwecke und durch Tarnfirmen;
  • Aufbau nationaler Entwicklungs- und Produktionskapazitäten für zivile und militärische Raketen, insbesondere in der Raumfahrt.

Interkontinentalraketen der USA und Sowjetunion

1960-2008

Quelle

Trends in US and Soviet/Russian ICBMs 1960-2008, Bulletin of Atomic Scientists, Nuclear Notebook, Februar 2009. (Für Großansicht auf das Bild klicken)

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