SOTOBAYASHI Hideto
1929-2011
Prof. Sotobayashi, geboren in Nagasaki, überlebte als 16-jähriger Schüler den Atombombenabwurf auf Hiroshima.
Der Professor für Physikalische Chemie Hideto Sotobayashi wurde am 1. November 1929 in Nagasaki geboren. 1945 lebte er in Hiroshima. Er war 16, dürfte aber weiterlernen, statt im Krieg zu kämpfen, weil er „Eliteschüler“ war. Am 6. August 1945 war er in der Schule, 1,5 km vom Hypozentrum entfernt, als die Atombombe explodierte.
Seit sechs Uhr morgens kreisten hunderte Flugzeuge über der Stadt, aber die Alarmbereitschaft wurde aufgehoben, so dass die Menschen ins Stadtzentrum fuhren. Das Schulgebäude war aus Holz – 24 Schüler hatten Chemieunterricht, der um 8 Uhr begonnen hatte. Fünfzehn Minuten später sahen sie einen Blitz. Sotobayashi wurde bewusstlos. Das Gebäude kollabierte. Als er wieder zu sich kam, war er von Schutt umgeben. Er kletterte aus den Trümmern des Gebäudes, draußen war alles zerstört und es brannte. Sotobayashi war unverletzt.
„Wir wussten nicht, was los ist. In den Tagen nach dem Bombenabwurf haben viele Verwandte und Bekannte in unserem Haus Zuflucht gesucht. Nach wenigen Tagen sind fast allen die Haare ausgefallen, das Zahnfleisch fing an zu bluten. Bei mir auch. Ende August waren fast alle tot. [...] Es gab natürlich medizinische Untersuchungen, aber ich hatte immer das Gefühl, es geht den Amerikanern mehr darum, die Veränderungen in unseren Körpern zu studieren, als uns wirklich zu helfen. Wir waren Teil eines großen Experiments. Bis heute hat sich dafür übrigens niemand entschuldigt.“
Er lebte ab 1957 ein paar Jahre in Berlin, hatte ein Stipendium als Chemiker für zwei Jahre und arbeitete am Max-Planck-Institut. Sotobayashi lernte Lise Meitner kennen, die niemals an eine Atombombe gedacht hat, wie sie ihm sagte. Danach lebte er bis 1965 wieder in Japan. Dann kehrte er als Assistent am Fritz-Haber-Institut nach Berlin zurück. 1971 habilitierte er an der TU Berlin und arbeitete dort bis 1994 als Professor für physikalische Chemie.
Prof. Sotobayashi hat 2007 in Potsdam erstmals seit dem Atombombenabwurf öffentlich über seine Erlebnisse in Hirohima berichtet, nach sechzig Jahren des Schweigens. Er hatte Angst, die Kinder seines Bruders würden wegen der Verwandschaft mit ihm als Strahlenopfer ausgegrenzt. Die Erinnerungen waren auch für ihn zu schmerzhaft. Er hat jedoch mit 78 Jahren angefangen, seine Geschichte zu erzählen, weil er wollte, dass „die Menschen nicht vergessen, wie tragisch und verheerend eine Atombombe ist“.
In seinen Erlebnisberichten, die er in den folgenden vier Jahren an mehr als 150 Orten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in den Niederlanden vorgestellt hat, wurde immer wieder aufs Neue deutlich, dass das Ausmaß der Katastrophe von Hiroshima fast unbeschreiblich ist.
Ein Gedenkort für Hiroshima und Nagasaki ist in Potsdam als Zeugnis des persönlichen Engagements von Prof. Hideto Sotobayashi entstanden. Der Ort ist dadurch untrennbar mit seinem Namen verbunden. Der ehemalige Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (Bürgermeister für den Frieden) sagte:
„Professor Sotobayashis Einsatz für ein zentrales Denkmal in der Landeshauptstadt Potsdam hat maßgeblich dazu beigetragen, dass es einen Gedenkort am jetzigen Hiroshima-Nagasaki-Platz gibt".
Am 25. Juli 2010 konnte der Gedenkort vor der Truman-Villa in Babelsberg mit einer Gedenkveranstaltung an die Öffentlichkeit übergeben werden.
2011, nach der nuklearen Katastrophe in Fukushima, meldete sich der Professor öffentlich zu Wort. Die Aufnahmen von Fukushima löste Bilder aus der Vergangenheit bei ihm aus. Er warnte ausdrücklich von der Nutzung der Atomenergie.
Prof. Sotobayashi ist am 28. Dezember 2011 im Alter von 82 Jahren gestorben.
Bearbeitungsstand: August 2025, xh
► Weitere Informationen über den Einsatz von Atomwaffen
Quellen:
Hoffmann S: Hideto Sotobayashi und die Bombe, taz, 01.11.2007 taz.de/Hiroshima/!5192462/
IPPNW: Hiroshima. Nagasaki, Broschüre, 4. Auflage 2025
König M: Hideto Sotobayashi: Ich überlebte Hiroshima, Süddeutsche Zeitung, 10.11.2010 www.sueddeutsche.de/politik/serie-albtraum-atombombe-2-augenzeuge-der-apokalypse-1.984104
Reimann K: Hidoto Sotobayashi (Geb. 1929), Nachruf, Tagesspiegel, 13.01.2012 www.tagesspiegel.de/berlin/hideto-sotobayashi-geb-1929-6702736.html