Kainar-Syndrom
Der Ort Kainar liegt mitten im bisher streng abgesperrten ehemaligen Atomtestgebiet Kasachstans. In dem fast verlassenen Dorf befindet sich eine Tafel mit folgenden Angaben: »566 Explosionen wurden gezählt und 28 Leukämie- und 27 Hautkrebstote sowie weitere 204 Krebstote«.
Vom 28.02. bis 01.03.2001 besuchte eine offizielle Delegation der Republik Kasachstan das Europaparlament in Brüssel, um auf die Probleme der Atombombentestopfer in der Region Semipalatinsk aufmerksam zu machen. Der führende kasachische Ökologe und Mediziner Prof. Dr. Seim Balmukhanov rief im Europaparlament in Brüssel zur Hilfe für die Atombombentestopfer der Region Semipalatinsk auf:
»In Kasachstan haben über 500 Atombomben -Oberflächen- (atmosphärische) und Untergrund-Tests während einer Test-Periode von ca. 40 Jahren die Regionen Semipalatinsk, Pavlodar, Teile Ost-Kasachstans und die Region Karaganda nuklear verseucht.
Dabei waren mehr als 1 Million Menschen der atomaren Verstrahlung auf längere Zeit akut ausgesetzt.
Nach Japan, dessen Bevölkerung in Nagasaki und Hiroshima schmerzhafte Erfahrungen mit Atombomben machen musste und Tausende von Toten zu beklagen hatte, wurde am kasachischen Volk die Zerstörungskraft von Atomwaffen exzessiv getestet. Im Zeitraum des Jahres 1949 bis einschließlich 1992 erschütterten allein 118 (!) Atombombentests diese Region. Davon erfolgten 30 Nukleartests in Bodennähe und ein Mehrfaches davon, d.h. 88 Nukleartests, in größerer Entfernung vom Boden. Nirgendwo auf der ganzen Welt sind diese Art von Tests in größerer Intensität und Anzahl durchgeführt worden wie in der Region Semipalatinsk.
Ich bin mit den Problemen der Region Semipalatinsk seit 1956 vertraut. In Zusammenarbeit mit Professor Atchabarov organisierten wir eine komplexe medizinische Expedition, um die Bewohner der betroffenen nuklearen Testzonen zu observieren. Gleichzeitig stellten wir akute Krankheitserscheinungen fest, die auf radioaktive Verseuchung zurückzuführen sind. Mehr als ein Drittel der Einwohner aus Kainar, Sarzhal, Dolomi und weiterer Städte war betroffen. Ich war im Zeitraum 1995-1996 in der Lage, die Region wiederholt zu beobachten. Wir mussten feststellen, dass die Sterblichkeitsrate auf einem sehr hohen Niveau lag, d.h. mehr als 2 bis 2,5-mal so hoch wie in nicht radioaktiv verseuchten Gebieten. 80-90% der Kinder und Frauen leiden an Blutarmut, und 60-70% leiden an Störungen der Schilddrüsenfunktion. Die Hälfte der Bevölkerung leidet am sog. neuro-zirkulosen Dystonie-Syndrom (Kainar-Syndrom).
Wir hoffen, mehr Unterstützung aus Europa zu erhalten, damit wir den Tumor- und Krebserkrankten in unserem Lande besser helfen können. Das in Kooperation mit dem Internationalen Hilfsfonds gestartete Projekt angewandter Medizinforschung, bei dem Antioxidantien unterstützend bei der Tumorbehandlung eingesetzt werden, hat viel versprechende Ergebnisse gezeigt«. (Prof. Dr. Saim Balmukhanov) (Quelle: www.internation-hilfsfonds.org)
Bearbeitungsstand: September 2007
Siehe auch: Kasachstan
Siehe auch: Semipalatinsk