Atomwaffen A-Z

via Meeting of States Parties (MSP) of the TPNW

Treffen der AVV-Vertragsparteien

engl.: Meeting of States Parties (MSP) of the TPNW

Laut Artikel 8 des Atomwaffenverbotsvertrags (AVV), der am 7. Juli 2017 verabschiedet wurde und am 22. Januar 2021 in Kraft trat, sollen die Vertragsstaaten regelmäßig zusammenkommen, „um alle Angelegenheiten in Bezug auf die Anwendung oder Durchführung dieses Vertrags, im Einklang mit seinen einschlägigen Bestimmungen und weitere Maßnahmen zur nuklearen Abrüstung zu prüfen und erfoderlichenfalls diesbezüglich Beschlüsse zu fassen.
Dazu gehören

a) die Durchführung und der Status dieses Vertrags;

b) Maßnahmen zur verifizierten, termingebundenen und unumkehrbaren Beseitigung der Kernwaffenprogramme, einschließlich Zusatzprotokollen zu diesem Vertrag;

c) alle sonstigen Angelegenheiten gemäß und im Einklang mit den Bestimmungen dieses Vertrags.“

Innerhalb eines Jahres sollte das erste Treffen einberufen werden und wurde entsprechend für das Frühjahr 2022 geplant. Es musste aber verschoben werden, weil die wegen der Covid-19-Pandemie verschobene NVV-Überprüfungskonferenz gleichzeitig geplant wurde. Das erste Treffen fand daher erst vom 21. bis 23. Juni 2022 in Wien statt. Österreich hatte den Vorsitz. Vor der offiziellen Staatenkonferenz veranstaltete die österreichische Regierung eine 4. Konferenz über die Humanitären Folgen von Atomwaffen am 20. Juni 2022.


Das erste MSP nahm zwei Dokumente als Abschlussbericht an: die Wiener Erklärung und den Wiener Aktionsplan mit 50 Punkten. In der Erklärung brachten die Vertragsstaaten ihre Besorgnis und Bestürzung über die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen zum Ausdruck und verurteilten unmissverständlich "alle nuklearen Drohungen, ob sie nun ausdrücklich oder stillschweigend und ungeachtet der Umstände ausgesprochen werden". Die Vertragsstaaten bekräftigten, dass der AVV unter diesen Umständen mehr denn je benötigt wird, und beschlossen, "seine Umsetzung voranzutreiben, um Atomwaffen weiter zu stigmatisieren und zu delegitimieren und kontinuierlich eine robuste globale, zwingende Norm gegen sie aufzubauen."

Der Aktionsplan enthält 50 spezifische Maßnahmen, um den Auftrag des Vertrages voranzubringen und die in der Erklärung eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen. Auf der Tagung wurde auch eine Reihe von Entscheidungen über praktische Aspekte der Umsetzung des Vertrags getroffen. Dazu gehören:

  • Einsetzung einer wissenschaftlichen Beratergruppe, die die Forschung über die Risiken von Kernwaffen, ihre humanitären Folgen und die nukleare Abrüstung vorantreiben und sich mit den wissenschaftlichen und technischen Herausforderungen befassen soll, die mit der wirksamen Umsetzung des Vertrags verbunden sind, und die die Vertragsstaaten beraten soll.
  • Fristen für die Vernichtung von Atomwaffen durch Atomwaffenstaaten, die dem Vertrag beitreten: nicht mehr als 10 Jahre, mit der Möglichkeit einer Verlängerung um bis zu fünf Jahre. Vertragsstaaten, die Atomwaffen anderer Staaten beherbergen, haben 90 Tage Zeit, diese zu entfernen.
  • Festlegung eines Programms für die Arbeit zwischen den Sitzungen im Anschluss an das Treffen, einschließlich eines Koordinierungsausschusses und informeller Arbeitsgruppen zu den Themen Universalisierung, Hilfe für die Opfer, Umweltsanierung, internationale Zusammenarbeit und Unterstützung sowie Arbeiten im Zusammenhang mit der Benennung einer zuständigen internationalen Behörde zur Überwachung der Vernichtung von Kernwaffen.


Das 2. MSP wurde unter dem Vorsitz von Mexiko in den UN in New York vom 27. November bis 1. Dezember 2023 abgehalten. Die von Atomwaffeneinsätzen und -tests betroffenen Gemeinschaften standen im Mittelpunkt der 2. Mitgliedsstaatenkonferenz. ICAN schrieb dazu: „Die Konferenz setzte ein starkes Zeichen gegen die gefährliche Fortsetzung der nuklearen Abschreckung und ein besonderes Augenmerk gilt auch der nuklearen Teilhabe, was einerseits neue Stationierungen wie in Belarus verurteilt, aber auch bestehende innerhalb der NATO. Die Tür zur Mitarbeit bleibt dabei für solche Staaten geöffnet, auch für Deutschland.“ 

Die Staaten haben ICAN, das Science Board und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (ICRC) beauftragt, zur nächsten Überprüfungskonferenz (3MSP) einen Bericht vorzulegen. Dieser soll wissenschaftliche Argumente über nukleare Abschreckung sammeln und die legitimen Sicherheitsinteressen von Staaten ohne Atomwaffen beschreiben.

Deutschland nahm an die ersten Konferenzen als beobachtender Staat teil, an der dritten jedoch nicht. Das Auswärtige Amt noch in der Amtszeit von Außenministerin Annalena Baerbock rechtfertigte die Positionierung der Bundesregierung am 3. März 2025 gegenüber der Presse wie folgt: „Der Atomwaffenverbotsvertrag stammt aus einer Zeit vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Intention und Ambition des Vertrags bilden die gegenwärtige sicherheitspolitische Realität nicht mehr ab.“ Die Zivilgesellschaftlich reagiert mit Kritik, beispielsweise ICAN Deutschland, die diese Aussage als "Unsinn" bezeichnete. "Die Intention und Ambition des Vertrages sind eine Welt ohne Atomwaffen. Das ist nicht realitätsfern, sondern essentiell für unser aller Überleben – also pure Sicherheitspolitik. Was wirklich realitätsfern ist: Zu glauben, dass nukleare Abrüstung erst in einem völlig anderen Sicherheitsumfeld möglich ist; in einer idyllischen Zukunft, in der Harmonie herrscht," so ICAN in ihrer Presseerklärung. Auch die IPPNW kritisierte die Entscheidung. Vorsitzender Lars Pohlmeier, Arzt, sagte: "Das Fehlen Deutschlands bei dieser Konferenz des Atomwaffenverbotsvertrags ist schockierend. Damit wendet sich die Bundesregierung von dem einzigen internationalen Forum ab, das derzeit noch nukleare Abrüstung bespricht und die Unterstützung der Betroffenen von Atomwaffen organisiert."

Das 3. Treffen der Vertragsparteien fand vom 3. bis 7. März 2025 ebenfalls in New York statt. Kasachstan hatte den Vorsitz inne. In der politischen Erklärung, die zum Abschluss des Treffens veröffentlicht wurde, wurde die nukleare Abschreckung verurteilt: „Die nukleare Abschreckung beruht auf der bloßen Existenz eines nuklearen Risikos, dass das Überleben aller bedroht”.

Auf dem Treffen wurde auch vereinbart, die erste AVV-Überprüfungskonferenz vom 30. November bis 4. Dezember 2026 im UN-Hauptquartier abzuhalten, wobei Südafrika den Vorsitz führen wird. Der intersessionelle Prozess, der zur Erreichung der im 50-Punkte-Aktionsplan von Wien auf der ersten Tagung der Vertragsstaaten im Jahr 2022 vereinbarten Ziele eingeführt wurde, wird fortgesetzt, um auf der Überprüfungskonferenz eine Bestandsaufnahme der Fortschritte vornehmen und die nächste Reihe von Maßnahmen vorbereiten zu können. xh

Bearbeitungsstand: März 2025


Im Wortlaut:

Vertrag über das Verbot von Kernwaffen, 07.07.2017
Wiener Erklärung, 23.06.2022
Wiener Aktionsplan, 22.06.2022
Abschlusserklärung des 2. Treffen der Vertragsparteien, 01.12.2023
Abschlussbericht des Vorsitzenden, 30.11.2023
Abschlusserklärung des 3. Treffen der Vertragsparteien, 07.03.2025

Quellen:
ICAN: TPNW First Meeting of States Parties, Juni 2022
ICAN Deutschland: Die Welt verhandelt – Deutschland boykottiert, 06.03.2025
ICAN Deutschland: Abrüstungskonferenz endet erfolgreich mit Konsens, 05.12.2023
IPPNW Deutschland: Deutschland wendet sich von nuklearer Abrüstung ab, 03.03.2025
Reaching Critical Will: Treaty on the Prohibition of Nuclear Weapons 
taz/dpa Deutschland boykottiert Atomwaffenverbotsvertrags-Konferenz, 04.03.2025

Atomwaffen A-Z