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Iskander-Rakete (9K720)

engl. Iskander missile system

Bei der Iskander-Rakete (russ. Bezeichnung 9K720; NATO-Bezeichnung SS-26 Stone) handelt es sich um eine russische ballistische Boden-Boden-Rakete. Sie gehört zur Klasse der Kurzstreckenraketen mit einer Flugweite von 400 bis 500 km.

Mitte der 1980er Jahre begann die Planung für ein Nachfolgesystem der SS-1B/C Scud und SS-23 Spider. 1996 wurden die ersten Teststarts durchgeführt. Ab 2005 begann die Auslieferung an die russischen Raketeneinheiten.

Varianten der Iskander-Raketen sind Iskander-M (Mobil) mit der russischen Bezeichnung 9M723 mit einer Reichweite von 480 km oder 9M723TL-Raketen mit Suchkopf für Gelände-Kontur-Abgleich, Iskander-K (Krylataya oder „Beflügelt“) und Iskander-E (Eksport), eine Exportversion mit 9M723-Raketen und einer verringerten Reichweite von 280 km. Die Iskander-K soll verschiedene Marschflugkörpertypen tragen können, einschließlich der 9M728 (SSC-X-7; R-500) mit einer Reichweite von 500 km oder 9M729 (SSC-X-8 / Screwdriver) mit einer unbekannten (vermutlich viel größeren, bis zu 2.600 km) Reichweite. Der SSC-8 sollte laut USA eine Verletzung des INF-Vertrags darstellen, ein Vorwurf, den Russland dementiert. Die Iskander-CDM ist eine Variante für Schiffe.

Bis heute stellt die Iskander-M den aktuellen Stand der russischen Kurzstreckenraketen dar. Sie ist 7,28 m lang, wiegt ca. 4,6 Tonnen und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von knapp 6-7 Mach (gibt das Verhältnis der Geschwindigkeit des Körpers zur Schallgeschwindigkeit des umgebenden Fluids an) und einen CEP-Wert von 5-7 Meter. Das System ist auf einem hochmobilen und schnell verlegbaren geländegängigen Startfahrzeug vom Typ 9P78 oder 9P78E sowie das Transport- und Ladefahrzeug 9T250 mit Ladekran montiert. Jedes Fahrzeug ist mit zwei Raketen beladen, die beide innerhalb von 40 Sekunden abgefeuert werden können. Ein Trägheitsnavigationssystem und ein Satellitennavigationssystem stellen sicher, dass eine extrem geringe Zielabweichung von nur 30 bis 70 m auftritt.

Für den Einsatz stehen sowohl konventionelle als auch nukleare Sprengköpfe zur Verfügung:

  • Standardgefechtskopf für Streumunition mit Splitter- und panzerdurchschlagender Wirkung (9N722K)
  • Splittergefechtskopf (9N722F)
  • Splitter/Brandgefechtskopf (9N722F1)
  • AA-86 (9N70) Nuklearsprengkopf mit einer variablen Sprengkraft von 5 bis 50 KT.
  • AA-92 Nuklearsprengkopf mit einer variablen Sprengkraft von 100 bis 200 KT.
  • Spekuliert werden folgende Gefechtsköpfe und Waffensysteme:
  • Penetrations-Gefechtskopf gegen verbunkerte Anlagen (9N722F2)
  • Panzerabwehrminen zur Fernverminung
  • Fuel-Air-Explosive
  • Selbstzielsuchende (intelligente) SPBE-D-Submunition zur Panzerbekämpfung
  • Nicht-nuklearer EMP-Sprengkopf (electromagnetic pulse) vom Typ Atropos

Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu erklärte Dezember 2019, dass alle 12 Raketenbrigaden mit den Iskander-Kurzstreckenraketen ausgestattet sind. Laut Kristensen und Kordas wird die Ausstattung jedoch bei einigen Brigaden noch ausgeführt. Jede Brigade hat 12 Startfahrzeuge mit je zwei Raketen, insgesamt 288. Diese soll künftig laut Izvestia auf 16 Startfahrzeuge und einer Gesamtzahl von 384 Raketen ausgeweitet werden.

Die Iskander-Rakete wurde nach Algerien, Armenien und Belarus exportiert. Die Lieferung von atomwaffenfähigen Raketensystemen (Iskander-M) wurde nach Angaben des russischen Präsidenten Putin bei einem Treffen mit dem belarussischen Staatschef Lukaschenko angekündigt.

Iskander-Raketen wurden laut dem georgischen Innenministerium durch Russland in Georgien 2008 eingesetzt sowie im Rahmen des russischen Einsatzes in Syrien 2017. Auch während der Invasion der Ukraine 2022 wurden Iskander-Raketen eingesetzt. Die Raketen sind auch befähigt, unterirdische Ziele zu zerstören.

Immer wieder berichten russische Quellen, dass Iskander-Raketen nach Kaliningrad verlegt worden seien, manchmal nur auf Zeit für Militärübungen. Im Februar 2018 wurde von russischen offiziellen Quellen bestätigt, dass Iskander-Raketen in Kaliningrad stationiert sind. ll/xh

Bearbeitungsstand: Oktober 2022

► Weitere Informationen zu russischen Atomwaffen

Quellen:
Kristensen H, Korda M: Russian nuclear weapons, 2022, Nuclear Notebook, 25.02.2022 
Cranny-Evans S, Kaushal S: The Iskander-M and Iskander-K: A Technical Profile, RUSI, 08.08.2022, 
GlobalSecurity.org: 9K720 Iskander-M (SS-26 Stone) – Program 
Federation of American Scientists: Iskander / SS-26, 03.09.2000 
Lewis J: Did Russia Fire SS-26s at Georgia, Arms Control Wonk, 17.08.2008, 
Tagesschau: Russland will Belarus Iskander-Raketen liefern, 25.06.2022

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