INF-Vertrag
engl.: Intermediate Nuclear Forces Treaty
„INF” ist die englische Abkürzung für „Intermediate-range Nuclear Forces” (zu dt.: nukleare Mittelstreckenwaffen). Der vollständige Name des bilateralen Vertrags: „Vertrag zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken über die Beseitigung ihrer Flugkörper mittlerer und kürzerer Reichweite”. Darunter fallen Raketen und Marschflugkörper (Cruise Missiles) mit einer Reichweite von 500 bis 5.500 Kilometer.
Am 8. Dezember 1987 unterzeichneten Generalsekretär Michail Gorbatschow (Sowjetunion) und Präsident Ronald Reagan (USA) in Washington den INF-Vertrag über den vollständigen Abbau dieser Waffen. Am 1. Juni 1988 trat der Vertrag in Kraft.
In den folgenden Jahren wurden zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit zwei Waffenkategorien vollständig in den USA und UdSSR abgeschafft. Außerdem führte die Unterzeichnung des INF-Vertrag nicht nur dazu, dass die Waffen außer Betrieb genommen wurden, sondern dass sie tatsächlich auch zerstört wurden. Die letzte Rakete wurde im Mai 1991 demontiert.
Tabelle: Zerstörte Kurz- und Mittelstreckenwaffensysteme
Bezeichnung | Besitzer | Stückzahl |
---|---|---|
Summe | 2.692 | |
Pershing-II | USA | 234 |
BGM 109 Gryphon | USA | 443 |
Pershing 1a | USA | 169 |
SS-20 | UdSSR | 654 |
SS-4 | UdSSR | 149 |
SS-5 | UdSSR | 6 |
SS-12 | UdSSR | 718 |
SS-23 | UdSSR | 239 |
SS-X-4 | UdSSR | 80 |
[Quelle: Haradan JP: On-Site Inspections under the INF-Treaty, 1993]
Ab Mai 2001 galt der Vertrag als vollständig umgesetzt. Nach der Auflösung der Sowjetunion wurden die elf ehemaligen Sowjetrepubliken in den INF-Vertrag einbezogen.
Der Vertrag regelt nicht nur die Zerstörung von Waffensystemen sondern im Artikel VI die künftige Herstellung und Erprobung landgestützte Flugkörper mit kurz- und mittlerer Reichweite und ihre Abschussvorrichtungen.
Zwar ist der Vertrag zeitlich unbegrenzt, beide Seiten haben jedoch das Recht, sich vom Vertrag zurückzuziehen, wenn „außergewöhnliche, mit dem Inhalt dieses Vertrages zusammenhängende Ereignisse eine Gefährdung ihrer höchsten Interessen darstellen“ (Artikel XV). Sobald eine Vertragspartei den Vertrag formell aufgekündigt hat, gibt es eine Wartezeit von sechs Monaten, bevor der Vertrag aufgelöst wird.
Russland sprach 2007 zum ersten Mal von der Möglichkeit, den INF-Vertrag zu kündigen, falls die USA ihre Pläne umsetzen, ein Raketenabwehrsystem in Osteuropa zu stationieren. Im Jahr 2014 warfen die USA Russland zum ersten Mal Verstöße gegen den Vertrag vor, und drohten ihrerseits den Vertrag zu kündigen, wenn Russland weiterhin den Vertrag verletzen würde.
Die Verschärfung dieser Debatte lief parallel zur Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Russland und der NATO aufgrund der Krise um die Ukraine, sowie dem innerpolitischen Streit über eine vermeintliche Einmischung Russlands in die US-Wahl.
Gleichzeitig werden in beiden Ländern die Atomwaffen modernisiert. Zudem wurde die Frage erörtert, ob in Europa künftig neue unter dem INF-Vertrag unzulässige US-Waffensysteme stationiert werden sollen. Einige Stimmen in den USA – wie beispielsweise der Berater für Nationale Sicherheit, John Bolton – klagen schon länger, dass der Vertrag einer militärischen Entwicklung im Weg stehe. Weil andere nuklearbewaffnete Staaten nicht Vertragsparteien sind (v.a. China), aber Kurz- bzw. Mittelstreckenraketen besitzen, fühlen sich die US durch den Vertrag zu sehr eingegrenzt. Es wird vermutet, dass Russland gleichermaßen handeln will, aber überlässt den USA mit der Aufkündigung den Vorrang.
Im Oktober 2018 erklärte US-Präsident Donald Trump öffentlich, dass er den Vertrag aufkündigen wolle. Am 4. Dezember kündigte Außenminister Mike Pompeo an, dass die US-Administration in 60 Tagen beginnen würde, den Austrittsprozess in Gang zu setzen, es sei denn, Russland würde die Bestimmungen des Vertrages wieder einhalten. Am 15. Januar 2019 trafen sich Regierungsvertreter der Vertragsparteien ohne Erfolg in Genf.
Am 1. Februar erklärte US-Außenminister Mike Pompeo, die USA setze ab dem 2. Februar ihre Verpflichtungen aus dem INF-Vertrag aus und leite das Verfahren zum Austritt aus dem Vertrag ein. Somit wird den Vertrag am 2. August komplett außer Kraft gesetzt, es sei denn Russland „ kehrt zur Einhaltung der Vertragsbestimmung zurück“, so Pompeo. Gleich am nächsten Tag zog Russland nach und erklärte seinerseits, die Einhaltung des Vertrags auszusetzen
xh (Quellen: armscontrol.de, BITS, Deutsche Welle, Guardian, Sputnik, US-Botschaft, Wall Street Journal)
Bearbeitungsstand: Februar 2019