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Unter Verdacht | Iran

Seit 2003 wehrt sich der Iran gegen den Vorwurf, ein Atomwaffenprogramm hinter seinem Urananreicherungsprogramm zu verstecken. Vor allem die israelische Regierung – selbst heimlicher Besitzer von Atomwaffen – behauptet, der Iran stehe kurz vor dem Besitz von Atomwaffen und droht in regelmäßigen Abständen, Irans Atomprogramm zerstören zu wollen. Am 13. Juni 2025 begannen israelische Militäranschläge auf iranische Nuklearanlagen. Am 22. Juni 2025  bombardierten die USA ebenfalls iranische Atomanlagen.

Überblick

Irans Atomprogramm

Die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) konnte bislang weder die Existenz eines aktuellen iranischen Atomwaffenprogramms, noch das Gegenteil beweisen können. Der UN-Sicherheitsrat verlangte vom Iran zunächst das Aussetzen der Urananreicherung; der Iran bezeichnete diese Forderung als unrechtmäßig und baute sogar weitere Anlagen zur Urananreicherung.

Im Juli 2015 wurde ein umfassendes Abkommen zum Atomprogramm Irans abgeschlossen, die Joint Comprehensive Plan Of Action (JCPOA). Dieses Atomabkommen wurde bereits am 7. Mai 2018 einseitig vom US-Präsident Donald Trump gekündigt. Der iranische Präsident Rouhani, welcher zunächst am Abkommen festhielt, kündigte seinerseits im Juli 2019 und Januar 2020 an, Teile des Atomabkommens auszusetzen.

Der Iran darf Atomenergie nutzen, solange das Programm allein „friedlichen“ Zwecken dient. So garantiert es der Nichtverbreitungsvertrag (Non-Proliferation Treaty, NPT), den der Iran unterzeichnet hat. Er darf auch Uran anreichern, aber nur bei Duldung von Kontrollmaßnahmen durch die IAEO (so genannte Safeguards). Weil die Anreicherung von Uran zugleich der Entwicklung von Atomwaffen dienen kann, sollen diese Kontrollen garantieren, dass das Uran nur für die Reaktornutzung angereichert wird und nicht für die Herstellung von Atomwaffen. Iran hat das Zusatzprotokoll (ZP) zum Safeguards-Abkommen zwar nicht unterschrieben, lässt aber die Bestimmungen des ZP gelten.

Der Iran strebte für sein ziviles Atomprogramm nach einem vom Ausland unabhängigen geschlossenen Brennstoffzyklus, da vorherige Versuche ein Atomprogramm mit ausländischer Hilfe aufzubauen gescheitert sind. Iran baut eigenes Uran ab und konvertiert es zu Uranhexafluorid (UF6). Dieses niedrig angereicherte Uran sollte zunächst in den Brennstäben der iranischen Atomkraftwerke verwendet werden. Das erste AKW in Buschehr wurde im September 2011 in Betrieb genommen, ein Jahr später als geplant. Eine zweite Bauphase mit zwei neuen Reaktoren begann 2017. Buschehr-2 wurde ans Stromnetz angeschlossen und soll im August 2025 beginnen, Strom zu liefern. Buschehr-3 soll 2026 fertiggestellt werden. Der Baus eines vierten Reaktors wurde abgesagt.

Streit ums Atomprogramm (2003-2011)

Zum offenen Streit mit dem Iran kam es erstmals im Jahr 2003. Untersuchungen der IAEO in den Atomanlagen in Arak und Natans im Jahr 2002 ergaben Hinweise, dass der Iran undeklarierte Experimente mit Trennung von Plutonium betrieb und durch ein illegales Netzwerk aus Pakistan die nukleare Ausstattung zur Urananreicherung erworben hatte.

Nachdem die diplomatischen Verhandlungen zwischen Iran und Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Jahr 2005 scheiterten, verwies die IAEO den „Fall“ Iran an den UN-Sicherheitsrat. Die Begründung lautete, das Land würde gegen seine Verpflichtungen aus dem Safeguards-Abkommen verstoßen.

Der UN-Sicherheitsrat hat insgesamt 12 Resolutionen zum iranischen Atomprogramm verabschiedet. Sie forderten den Iran auf, die Urananreicherung auszusetzen. Drei der Resolutionen beinhalteten Sanktionen, da der Iran die Urananreicherung weiter betrieben hat. Im Jahr 2007 wurde ein Arbeitsplan zwischen der IAEO und dem Iran ausgearbeitet, auf dessen Grundlage die ursprünglichen offenen Fragen bis zum Februar 2008 geklärt werden konnten.

Es bestand eine offene Frage im Hinblick auf Auszüge aus einem internen Dokument der IAEO, die 2009 auf der Webseite des Institute for Science and International Security (ISIS) veröffentlicht wurden. Demnach soll der Iran Studien über die mögliche nukleare Bewaffnung seiner Raketen betrieben haben. Der Iran dementierte und sprach von einer Fälschung. Die aus dem Iran geschmuggelten elektronischen Dateien wurden innerhalb der IAEO lange kontrovers diskutiert, da ihre Authentizität nicht bewiesen werden konnte und sie offensichtlich geändert worden waren. Trotzdem hat der neue Leiter der IAEO, Yukiya Amano, aufgrund dieser Dokumente in seinem Bericht vom Februar 2010 den Verdacht ausgesprochen, der Iran arbeite an einem atomaren Raketensprengkopf.

Nach einem Bericht aller US-Geheimdienste, veröffentlicht am 3. Dezember 2007, hat der Iran jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im Herbst 2003 sein Atomwaffenprogramm eingestellt. Diese Einschätzung wiederholten sie im September 2009. Allerdings vermuteten die Geheimdienste zugleich, dass sich der Iran die Option zur militärischen Nutzung der Atomenergie „offen halte“.

Die USA unter der Administration von George W. Bush entwickelte mit israelischen Hilfe ein Virus namens „Stuxnet“ als Teil der Cyberkriegsoperation „Olympic Games“, um das Urananreicherungsprogramm zu sabotieren. Diese Operation zielte hauptsächlich auf Natans und die dortigen Zentrifugen ab. Der Virus war nicht ein einmaliger Anschlag, sondern sollte die Computersysteme über längere Zeiträume schrittweise beschädigen. Unter Obamas Administration wurde die Operation ab 2009 fortgeführt. Iran müsste laut der IAEO in 2009 und 2010 ca. 1.000 Zentrifugen in Natans aufgrund von Stuxnet ersetzen.

Einigung über ein Abkommen

Am 24. November 2013 haben die fünf UN-Vetomächte bzw. Atomwaffenstaaten und Deutschland im jahrelangen Streit – danach P5+1 genannt – über das Atomprogramm eine Einigung mit dem Iran erreicht. Die Einigung galt für die folgenden sechs Monaten und in dieser Zeitspanne sollte eine Dauerlösung ausgehandelt werden. Es folgten dann im April 2014 und April 2015 zwei weitere Vereinbarungen und schließlich im Juli 2015 wurde ein Atomabkommen (Joint Comprehensive Programme of Action, JCPOA) abgeschlossen.

Das Abkommen sollte das Anreicherungskapazität auf mehr als die Hälfte reduzieren, die Neuentwicklung von Zentrifugen stoppen und alle nukleare Aktivitäten des Irans für 15-25 Jahre eindämmen. Allerdings wurde drei Jahre später dieses Abkommen wieder durch den einseitigen Ausstieg der USA stark unterminiert. In einer Erklärung vom 7. Mai 2018 kündigte US-Präsident Donald Trump das Atomabkommen. Damit verknüpft war die Wiedereinführung scharfer Sanktionen gegen den Iran.

Das Abkommen degradiert

Nachdem Irans Präsident Hassan Rouhani zunächst die weitere Einhaltung des Atomabkommens versicherte, kam es im Juli 2019 zu ersten Aussetzungen des Abkommens von Seiten des Irans. Zwei Tage nach der gezielten Tötung des iranischen Generals Soleimani im Irak durch die USA am 3. Januar 2020, kündigte der iranische Präsident Rouhani an, dass der Iran weitere Teile des Atomabkommens aussetzen wird.

Extrem problematisch sehen viele Expert*innen die Urananreicherung seit 2021 auf 60%. Danach ist eine weitere Anreicherung auf eine waffenfähige Reinheit (85-90%) relativ einfach, wenn Iran genügend Zentrifugenkaskaden hat. Der Iran kündigte diesen Schritt an, nachdem seine Kaskaden in Natans am 11. April 2021 sabotiert wurden. Vorher hatte der Iran Uran auf knapp 20% angereichert, bereits den ersten Schritt gegen die Bestimmungen des Abkommens, das nur 3,67% erlaubte. Laut SIPRI gibt es keinen plausiblen Grund für eine Anreicherung auf 60%, außer als ein politisches Signal, dass der Iran die Option offen halten will, künftig waffenfähiges Material herstellen zu können. Trotzdem verhindert dieser Schritt eine mögliche Rückkehr zum Abkommen nicht, wenn der Iran damit aufhören würde.

Eine Anlage in Fordo nahe Qom wurde unter einem Berg heimlich gebaut und durch westliche Geheimdienste 2009 entdeckt. Am 19. September 2009 deklarierte der Iran die Existenz der Anlage, die ursprünglich als Militäranlage für das Islamische Revolutionsgarde gebaut wurde. Die Anlage soll laut Geheimdienstaussagen heimliche Zentrifugen für Urananreicherung enthalten. Fordo ist die einzige Anlage, wo die IAEO 2023 Uranpartikel bei einer unangekündigten Inspektion aufspürte, die auf nahezu waffenfähigen Reinheitsgrad angereichert wurden. Diese hatten 83,7%. Iran dementierte diese Anreicherung und behauptete, das Uran wurde in die Anlage durch Sabotage und/oder böswillige Handlung eingebracht.

Israel und die USA greifen iranische Nuklearanlagen an

Am 13. Juni 2025 hat Israel angefangen, iranische Atomanlagen anzugreifen. Laut der IAEO am 19. Juni 2025 sind Anlagen in Arak, Isfahan, Natans und Teheran beschädigt worden. Als Rechtfertigung erklärte der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu, der Iran sei kurz davor, neun Atombomben bauen zu können und dafür die notwendigen technischen Durchbrüche erlangt habe, um diese zu tun. Die Chefin der US-Geheimdienste Tulsi Gabbard widersprach diese Aussage vor dem US-Kongress. Sie sagte „Der IC [Intelligence Community, sprich Geheimdienste] geht weiterhin davon aus, dass der Iran keine Atomwaffen baut und dass der Oberste Führer Khamanei das Atomwaffenprogramm, das er 2003 ausgesetzt hat, nicht genehmigt hat.“ Donald Trump erwiderte „Es ist mir egal, was sie sagte“ und behauptete, Iran sei „sehr nah“ am Bau der Atombombe.

Die israelischen Angriffe kamen zu einer Zeit, wo die USA direkte diplomatische Gespräche mit dem Iran führen, so dass es spekuliert wurde, dass Israel eine Einigung verhindern wolle und die USA zwingen versuche, eine militärische „Lösung“ des Problems mitzumachen. Nach einigen Aussagen vom US-Präsident Donald Trump, die zunächst ambivalent waren, erklärte er sich zunächst bereit, den diplomatischen Weg doch noch zwei Wochen offen zu halten, bevor er entscheidet, ob er die militärische Aktion Israels mit eigenen Waffen unterstützt. Am 20. Juni 2025 fanden Gespräche in Genf zwischen europäische Außenminister und Iran statt, in einem Versuch, eine weitere Eskalation zu verhindern. Zwar wurde kein Durchbruch erreicht aber Iran signalisierte eine Bereitschaft, wieder Gespräche über das Atomprogramm aufzunehmen, wenn die israelischen Militäranschläge aufhören und „der Aggressor für die begangenen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen wird,“ sagte iranischer Außenminister Abbas Araghchi. Er äußerte sein tiefstes Bedenken, dass die europäischen Staaten die Angriffe auf den Iran nicht verurteilten.

Am 21. Juni (22. Juni in Europa bzw. Iran) griffen US-Bomber drei iranische Atomanlagen an: Fordo, Natans und Isfahan. Donald Trump behauptete, der Angriff war „erfolgreich“ und alle Ziele „ausgelöscht“. Der Iran bestätigte die Bombardierung, dementierte aber die behauptete Zerstörung und spielten den Schaden herunter. Die USA verwendeten konventionelle GBU-57 erddurchdringende Bomben (so genannte Bunker Busters). Es ist noch Zurzeit unklar, ob diese tatsächlich die Fordo-Anlage zerstört haben.

Trump forderte gleich nach der Bombardierung Iran auf „Frieden zu machen“, sonst würden die USA noch weiter bombardieren. Ein Waffenstillstand wurde schnell vereinbart. Nukleare Expert*innen äußerten jedoch die Befürchtung, dass der Iran jetzt erst recht schnell Atomwaffen bauen würden, um sich künftig verteidigen zu können. Laut iranischem Staatsprecher Hassan Abedini, hatte Iran die Anlagen bereits vor den Angriffen leer geräumt. Das angereicherte Uran befindet sich nun an heimlichen Orten. Damit ist die Überwachung der IAEO über diese Materialien endgültig außer Kraft gesetzt.

Donald Trump behauptete, dass alle Ziele kompett zerstört wurden; ein interner Bericht der US Defense Intelligence Agency widerspricht jedoch dieser Darstellung. xh

Bearbeitungsstand: Juni 2025

► Quellen

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