20.06.2025
Seit einer Woche greift Israel mehrere iranische Atomanlagen militärisch an. Laut der IAEO am 19. Juni 2025 sind Anlagen in Arak, Isfahan, Natans und Teheran beschädigt worden.
In seinem Statement zum Gouverneursvorstand am 13. Juni, am nächsten Tag nach den ersten Anschlägen, erinnerte der General-Direktor der IAEO Mariano Grossi, dass „jeder bewaffnete Angriff auf und jede Bedrohung von Nuklearanlagen, die friedlichen Zwecken dienen, ist ein Verstoß gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, des Völkerrechts und der Satzung der Organisation“. Zudem erklärte er, die IAEO habe immer wieder betont, dass „jeder bewaffnete Angriff auf und jede Bedrohung von Nuklearanlagen, die friedlichen Zwecken dienen, ein Verstoß gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, des Völkerrechts und der Satzung der Organisation ist“.
Nehmen die USA teil?
Die größte mediale Aufmerksamkeit fokussiert sich auf die Frage, ob die USA in diesen bewaffneten Konflikt mit einsteigen werden. Anfangs hat Präsident Donald Trump sich von der Idee distanziert, aber im Lauf der letzten Woche hat er es wissen lassen, dass er sehr wohl einen Einstieg in die militärische Operation gegen den Iran erörtert. Zuletzt hat seine Pressesprecherin Leavitt angekündigt, dass er bis zu zwei Wochen verstreichen lassen würde, bevor er endgültig entscheidet. „In Anbetracht der Tatsache, dass es in naher Zukunft zu Verhandlungen mit dem Iran kommen kann oder auch nicht, werde ich in den nächsten zwei Wochen entscheiden, ob wir mitgehen oder nicht“, so Trump.
Allerdings sollen laut der Bloomberg Nachrichtenagentur die Vorbereitungen auf einen Angriff auf den Iran durch die USA begonnen haben. Der Wall Street Journal geht noch weiter und berichtet, dass der Angriffsplan bereits von Trump bewilligt aber noch nicht befehlt wurde. „Vielleicht tue ich es, vielleicht tue ich es auch nicht“, sagte er dazu und forderte auf X (ehemals Twitter) eine bedingungslose Kapitulation der Islamischen Republik des Iran. Die USA haben ihre Streitkräfte im Nahen Osten in den vergangenen Tagen deutlich verstärkt mit der Versendung von Flugzeugträgern und Zerstörern.
Der Oberste Führer im Iran, Ajatollah Khamenei, lehnte in einer Fernsehansprache eine solche Kapitulation ab und warnt davor, dass jegliche militärische Intervention der USA zu „irreparablen Schäden“ führen würden. Das Regime scheint aber für den Schutz seiner Bevölkerung nicht gesorgt zu haben und viele Menschen fliehen aus Teheran, nachdem Donald Trump sie öffentlich aufforderte, Teheran sofort zu evakuieren, kurz bevor er das G7-Treffen verließ.
Was bisher geschah
Am 19. Juni bombardierte Israel den ehemaligen Schwerwasser-Reaktor in Arak und beschädigte ihn, obwohl er durch das 2015 Abkommen mit Iran bereits komplett außer Betrieb genommen und teilweise mit Beton gefüllt wurde, um eine Wiederinbetriebnahme zu verhindern. Die Anlage enthielt kein radiologisches Material und laut IAEO werden daher keine radioaktive Konsequenzen durch die Anschläge erwartet.
Die oberirdischen Anlagen in Natans, wo Uran bis zu 60% U-235 angereichert wird, wurde von Israel am 13. Juni zerstört, inklusive der Strominfrastruktur der Anlage. Der Stromausfall in den unterirdischen Kaskaden könnte die dortigen Zentrifugen beschädigt haben. Auf der Grundlage einer fortgesetzten Analyse der IAEO von hochauflösenden Satellitenbildern, gibt es Hinweise auf direkte Auswirkungen auch auf die unterirdischen Anreicherungshallen in Natans. Es ist möglich, dass Uranisotope innerhalb der Anlage freigesetzt wurden. Menschen werden bei Inhalation oder Verschluckung dieser radioaktiven Alpha-Partikel einer signifikanten Gefahr ausgesetzt. Darüber hinaus ist Uranhexafluorid chemisch toxisch.
Auch am 13. Juni wurde die Anlage in Isfahan angegriffen. Das Zentrallabor für Chemie, eine Urankonversionsanlage, die Produktionsanlage für Brennelemente sowie die Metallverarbeitungsanlage, die sich im Bau befand, wurden getroffen.
Am 18. Juni erklärte die IAEO, dass weitere Anlagen zur Herstellung von Zentrifugen getroffen wurden. Beide wurden bisher unter dem Atomabkommen (JCPOA) überwacht.
IAEO-Generaldirektor Grossi sagte zwar, dass bisher kein großer radiologischer Zwischenfall geschehen sei, es bestehe aber weiterhin Gefahr. „Im Iran gibt es an verschiedenen Orten eine große Menge an Nuklearmaterial, was bedeutet, dass das Potenzial für einen radiologischen Unfall mit der Verbreitung von radioaktiven Materialien und Partikeln in der Atmosphäre besteht“, so Grossi.
Kann Fordow zerstört werden?
Viele Medien schreiben über die Meinungen von Expert*innen, ob die unterirdische Anreichungsanlage bei Fordow (bei Qom) zerstört werden kann und wie. Fordow ist die einzige Anlage, wo die IAEO 2023 Uranpartikel bei einer unangekündigten Inspektion aufspürte, die auf nahezu waffenfähigen Reinheitsgrad angereichert wurden. Diese hatten 83,7%; waffenfähiges Uran (HEU) braucht 90% Anreicherung. Iran dementierte diese Anreicherung und behauptete, das Uran wurde in die Anlage durch Sabotage und/oder böswillige Handlung eingebracht.
Israel hat Fordow bereits mit Raketen angegriffen, dennoch funktioniert die Anlage anscheinend weiterhin. Die Meinung ist allgemein verbreitet, dass Israel keine Waffen besitze, die diese Anlage zerstören könnte, da sie sich zu tief im Berg befindet. Israels erddurchdringende Waffen erreichen höchstens 6-7 Meter. Aber die USA haben so genannte Bunker Buster (GBU-57), die viel weiter in die Erde eindringen können (ca. 60 Meter). Allerdings können auch diese die Anlage eventuell nicht erreichen, da sie sich ca. 80 Meter unter Felsen und Erde befindet. Zudem hat der Iran 2016 ein russisches S-300 Luftabwehrsystem über der Anlage eingerichtet, da er einen Luftangriff befürchtete. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass eine israelische Sondereinheit direkt in die Anlage eindringen würde und physisch Explosionsmittel hineinbringen – eine sehr gewagte und unwahrscheinliche Idee.
Darüber hinaus wird spekuliert, auch die USA ihre GBU-57-Bomben tief genug in die Erde eindringen könnten, ob ihre Explosivkraft reichen würde, um die Anlage zu zerstören. Diese bringt die Frage auf, ob eine Atomwaffe schließlich – nach dem Einsatz mit konventionellen Bunker Buster – eingesetzt werden sollte, um die Anlage vollständig zu zerstören. Eine solche Option hätte enorme humanitäre Folgen, da Studien über den Einsatz mit Atomwaffen in einem solchen Szenario zeigen, dass es zu massivem Fallout führen würde.
Es ist unbekannt, wie viele und welche Art von Atomwaffen Israel besitzt. Darüber hinaus behauptete Israel, es würde nie Atomwaffen als erster „einführen“. Ob diese Aussage bedeutet, es gäbe in Israel eine robuste Nichtersteinsatzpolitik, ist mehr als fraglich. Die israelische Atomwaffenpolitik ist eine der Ambivalenz, um mögliche Feinde immer in Unwissen zu halten.
Fazit
Eins ist aber mehr als wahrscheinlich: Die Anschläge auf die nuklearen Anlagen vom Iran führen dazu, dass der Iran jetzt ernsthaft über den Bau von Atomwaffen nachdenken wird. Bisher waren die US-Gehemdienste und die IAEO sich einig, dass diese Entscheidung noch nicht gefallen sei. Wenn die USA auch militärisch einsteigen würden, ist es ziemlich sicher, dass der Iran – wenn das Regime nicht gestürzt wird – Atomwaffen bauen wird. Das heißt, dass das Ziel, ein atomwaffenfähiges Iran zu verhindern, einem Szenario wie bei dem Irak gleicht: das Regime muss zerstört werden. Mit Bombardierung kann das nicht erfolgen, also müssen wieder Bodentruppen einmarschieren. Was die Konsequenzen ein extern gezwungenes „Regime Change“ bedeutet, haben wir schon erlebt: ein hohes Maß an Zerstörung, humanitäres Leid und schließlich noch mehr Hass auf die Angreifer, die zur Radikalisierung und Terrorismus führt. xh
Quellen
Busjaeger F: US-Militärschlag auf den Iran: Trump bewilligt Angriffsplan – und stellt Ultimatum, Frankfurter Rundscha, 20.06.2025
Gambrell J: Iran’s Arak heavy water reactor, hit by an Israeli airstrike, was part of Tehran’s nuclear deal, AP, 19.06.2025
IAEA: Update on Developments in Iran, 19.06.2025
Kunzmann M: Khameini lehnt Kapitulation ab und warnt vor US-Intervention, Telepolis, 18.06.2025
Moshiri A, Fathalian T: Iranians describe fear and sadness over Trump evacuation warning, BBC, 17.06.2025
Psaropoulos JT: What is Iran’s Fordow nuclear facility, and could US weapons destroy it? Aljazeera, 19.06.2025
Trump D: Unconditional Surrender!, X, 17.06.2025
Williams H: Options for Targeting Iran’s Fordow Nuclear Facility, CSIS, 18.06.2025
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