Vertrag zur Begrenzung von Systemen zur Abwehr von ballistischen Raketen
Mit dem ABM-Vertrag verpflichteten sich die USA und die UdSSR keine landesweiten Verteidigungssysteme gegen ballistische Raketen aufzubauen. Der ABM-Vertrag begrenzt die Entwicklung und den Einsatz von erlaubter strategischer Raketenverteidigung, so sind nur zwei lokal begrenzte Raketenabwehranlagen für jeden Vertragspartner erlaubt.
1972 schlossen die USA und die damalige Sowjetunion den ABM-Vertrag (zu dt.: Raketenabwehrvertrag). Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden Russland, Kasachstan, Belarus (Weißrussland) und die Ukraine Rechtsnachfolger des Vertrags.
Der Vertrag spielte eine wichtige Rolle beim Versuch, das Wettrüsten im Kalten Krieg einzudämmen. Inhaltlich verbot er den Aufbau von nationalen (d.h. das Territorium von Russland oder den USA schützenden) Abwehrsystemen gegen ballistische Raketen. Außerdem schloss das Abkommen die Stationierung von Systemkomponenten für Raketenabwehr auf dem Meer, in Flugzeugen und im Weltraum aus.
Dahinter stand die Grundüberlegung, dass solch ein Abwehrsystem den Gegner nur zur Entwicklung neuer oder zur Stationierung von immer mehr Atomraketen provozieren würde, in der Hoffnung, das System so überwinden zu können. Der ABM-Vertrag zielte daher darauf ab, die gegenseitige Abschreckung zu erhalten, d.h. die uneingeschränkte gegenseitige Bedrohung der damaligen Supermächte mit ihren jeweiligen Langstreckenraketen.
Seit mehreren Jahren wollen die USA jedoch ein weltumspannendes Raketenabwehrsystem aufbauen, das auch Weltraumkomponenten umfasst. Dieses besonders von der Regierung unter George W. Bush verstärkte Programm hätte die Vereinbarungen des ABM-Vertrages verletzt. Daher haben die USA den Vertrag im Dezember 2001 gekündigt. Die Kündigung trat nach einer Frist von sechs Monaten im Juni 2002 in Kraft.
Präsident Bush begründete den Schritt mit seiner Wahrnehmung einer geänderten Welt, in der die Bedrohung nicht mehr länger von Russland oder anderen Großmächten ausginge, sondern das Land sich gegen Terroristen oder „Schurkenstaaten“ schützen müsse.
1967 - 2002
18.09. Die USA kündigen an, ein „dünnes“ Raketenabwehrsystem mit dem Namen „Sentinel“ zu entwickeln.
10.10. Der Weltraumvertrag tritt in Kraft. Er schreibt die friedliche Nutzung des Weltraums zum Wohle der gesamten Menschheit vor und untersagt die Stationierung von Atomwaffen im Erdorbit.
14.03. U.S.-Präsident Nixon kündigt an, mit Hilfe des „Safeguard“-Programms die U.S.-amerikanischen Atomwaffen schützen zu wollen.
17.11. Die USA und die Sowjetunion beginnen die SALT-I-Verhandlungen zur Begrenzung der strategischen Verteidigung und der strategischen Offensivwaffen.
26.05. Leonid Breschnew und Richard Nixon unterzeichen das SALT-I-Abkommen. Darin werden die strategischen Offensiv- und Defensivwaffen begrenzt. Der ABM-Vertrag sieht die Begrenzung von 200 Abfangraketen auf zwei Gebiete/Areale vor.
03.07. Die USA und die Sowjetunion einigen sich auf eine weitere Begrenzung um jeweils die Hälfte. Von nun an sind nur noch 100 Abfangraketen für jeweils einen Standpunkt vorgesehen.
November Die USA geben ihre Abwehranlage in Grand Forks aus Kostengründen auf. Allerdings wird das Hauptradar später für das Frühwarnsystem der USA genutzt.
12.03. Die Atom- und Weltraum-Verhandlungen beginnen (Nuclear and Space Talks). Während die USA auch über Raketenabwehr reden wollen, versucht die Sowjetunion, ein umfassendes Verbot aller weltraum-basierten Waffen (space-strike arms) durchzudrücken.
11./12.10. Auf dem „Gipfel von Reykjavik“ kommt es zwar zu Fortschritten im Bereich der strategischen Offensivwaffen, aber es bleiben Spannungen bei der Raketen-Abwehr. Die USA stimmen aber zu, (mindestens) 10 Jahre im ABM-Vertrag zu verbleiben. Beide Seiten kommen überein, keine umfassenden Abwehrmaßnahmen vor 1996 aufzubauen.
09.02. U.S.-Präsident Bush kündigt an, an SDI festhalten zu wollen.
22./23.09. In Wyoming treffen sich die Außenminister George Shultz und Eduard Schewardnadse um u.a. über Abrüstung zu reden. Die Sowjetunion entkoppelt die START-Verhandlungen vom ABM-Vertrag, behalten sich aber das Recht vor, sich aus den START-Verhandlungen zurück zu ziehen, sollten die USA den ABM-Vertrag kündigen. Die Sowjetunion stimmt zu, ihre Radarstation zu demontieren.
13.06. Beide Seiten äußern sich unterschiedlich zu der Verbindung zwischen START und ABM. Die Sowjetunion sieht einen effektiven START nur gewährleistet, wenn der ABM-Vertrag befolgt wird.
27.09.-03.10. Die USA streben den Abbau taktischer Atomwaffen an. Gleichzeitig wollen sie eine Einigung in Bezug auf die Raketenabwehr mit der Sowjetunion.
05.12. US-Präsident Bush unterzeichnet das Raketenabwehrgesetz (Missile Defense Act 1991). Das Gesetz besagt, dass die USA ein Raketensystem in Übereinstimmung mit dem ABM-Vertrag bis 1996 aufbauen sollen.
13.01. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion akzeptiert Russland als ihre Nachfolgerin alle vertraglichen Verpflichtungen.
31.01. Der russische Präsident Boris Jelzin hebt vor dem UN-Sicherheitsrat die Bedeutung des ABM-Vertrages für die strategische Stabilität hervor und eröffnet gleichzeitig die Möglichkeit für eine kooperative Lösung mit den USA.
17.06. sowie 21./22.09. Treffen zwischen Delegationen der USA und Russlands. Die Gespräche sollen eine mögliche Kooperation auf dem Gebiet der Raketenabwehr erörtern.
03.11. William Jefferson Clinton wird zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Clinton verspricht, dass die USA sich an den ABM-Vertrag halten wollen. Clinton kündigt allerdings den Aufbau einer Raketenabwehr für das Gefechtsfeld (Theater Missile Defense=TMD) an.
12.07. Die Clinton-Administration erklärt, dass sie an einer engen und traditionellen Interpretation des ABM-Vertrages festhalten möchte.
28.09. Auf dem „Washingtoner Gipfel“ erklären die USA und Russland, das sie sich an den ABM-Vertrag halten und kooperativ an der Raketen-Abwehr für das Gefechtsfeld arbeiten wollen.
21.01. In den U.S.-Senat wird das „Nationale Raketenabwehr-Gesetz“ eingebracht, welches vorsieht, einen Raketenabwehrschild bis 2003 zu errichten.
21.03. Die Präsidenten Clinton und Jelzin verabschieden in Helsinki eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Trennung von ABM und TMD aufrecht erhalten wollen und einen Informationsaustausch planen. Sie kündigen die Verhandlungen über einen START-III-Vertrag an.
26.09. Vertreter aus Russland, Ukraine, Kasachstan, Belarus und den USA unterzeichnen das Abkommen über ABM und TMD.
Juni Präsident Clinton und Präsident Jelzin reden in Köln über den ABM- und START III-Vertrag.
Januar US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld nennt den ABM-Vertrag "antike Geschichte". Weniger als eine Woche später sagte US-Aussenminister Colin Powell, dass der Vertrag nicht mehr relevant sei.
Juli Die Präsidenten George W. Bush und Wladimir Putin diskutieren gemeinsam den ABM-Vertrag und die Reduzierung strategischer Waffen.
13.12. Präsident George W. Bush erklärt den Absicht der USA, aus den ABM-Vertrag auszutreten.
13.06. Der Rückzug der USA aus dem ABM-Vertrag tritt in Kraft. Russland kündigt darauf hin an, sich nicht länger an den START II Vertrag zu halten.