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Überprüfungskonferenz 2022 des Nichtverbreitungsvertrages endete ohne Ergebnis

10.01.2023

Nach vier Wochen harter Verhandlungen ist die diesjährige Überprüfungskonferenz des atomaren Nichtverbreitungsvertrages (NVV) ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Der Vertrag bleibt zwar weiterhin ein zentrales Element der Rüstungskontrolle, es ist jedoch zu befürchten, dass er durch die ausbleibenden Abrüstungsschritte geschwächt wird.

Die Überprüfungskonferenz war aufgrund der Corona-Pandemie mehrfach verschoben worden und fand schließlich vom 1. bis 26. August 2022 in New York statt. In diesem Zeitraum wurde auch das gemeinsame Abschlussdokument ausgearbeitet. Es konnte jedoch nicht verabschiedet werden, weil Russland seine Zustimmung verweigerte. Als Grund dafür gilt ein Passus, der die militärischen Kämpfe rund um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja klar verurteilte. Somit konnte – wie auch schon bei der letzten Überprüfungskonferenz 2015 - keine gemeinsame Position der Staaten des Nichtverbreitungsvertrages (NVV) gefunden werden.

Keine gemeinsame Position gefunden

Russlands Veto gab letztlich den Ausschlag, doch das Kernkraftwerk war längst nicht die einzige strittige Frage. Uneinigkeit besteht auch bei der Beurteilung des trinationalen Militärprojektes AUKUS (USA-Australien-UK) sowie weiterhin über eine angedachte massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen und Mittleren Osten.

Zudem kritisieren die atomwaffenfreien Staaten zunehmend, dass die Atommächte ihre Abrüstungsverpflichtung gemäß Artikel VI des NVV nicht mit konkreten Zusagen und Handlungen untermauern. Der Artikel besagt, dass die unterzeichnenden Atomwaffenstaaten sich verpflichten, "in redlicher Absicht" Verhandlungen "über einen Vertrag zur allgemeinen und vollständigen Abrüstung" zu führen.

Friedensforscherinnen und -forscher gehen jedoch davon aus, dass alle Atomwaffenstaaten ihre Arsenale derzeit quantitativ, qualitativ oder ideell aufrüsten. Zudem macht der Ukraine-Krieg erneut die Gefahr einer nuklearen Eskalation deutlich. Die atomwaffenfreien Staaten hatten daher bereits vor der Konferenz in New York angemahnt, tragfähige Ansätze für nukleare Abrüstung zu finden. Doch der zur Abstimmung vorgesehene Entwurf des Abschlussdokumentes blieb hier oberflächlich und vage.

Nukleare Teilhabe deutlich kritisiert

Auch die nukleare Teilhabe in der NATO wurde auf der Überprüfungskonferenz durch einzelne Staaten deutlich kritisiert. "Wir stellen das Engagement von Nichtkernwaffenstaaten in Frage, die zur nuklearen Abrüstung aufrufen, während sie unter dem Schutz von Kernwaffen leben, die von den Kernwaffenstaaten mit erweiterten Abschreckungs- und Sicherheitsgarantien ausgestattet sind", erklärte etwa der Vertreter Malaysias. China äußerte sich ähnlich.

Der deutsche Botschafter Thomas Göbel machte dazu deutlich, dass die nukleare Teilhabe der "Erhaltung des Friedens" diene. Deutschlands Überzeugung sei: "Die Vereinbarungen der NATO über die nukleare Teilhabe ... stehen weiterhin voll und ganz im Einklang mit dem NVV".

144 Staaten unterzeichnen humanitäres Statement

144 der 191 Vertragsstaaten unterstützten während der Konferenz ein humanitäres Statement, das stellvertretend durch Costa Rica eingereicht wurde. Es thematisiert die Folgen von Atomwaffen auf Mensch und Umwelt und stellt fest, dass ein Atomkrieg niemals geführt werden darf. Während Staaten wie Griechenland, Österreich, Südafrika und Irland das Statement unterzeichneten, hat Deutschland seine Unterstützung verweigert.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, die zu Beginn der Konferenz am 1. August 2022 in New York sprach, machte jedoch deutlich, dass auch ihr Ziel weiterhin eine atomwaffenfreie Welt bleibe. Sie forderte, die Gefahr einer nuklearen Eskalation einzudämmen und auf den Weg der nuklearen Abrüstung zurückzufinden. Zudem müsse es darum gehen, die Polarisierung zu überwinden: "Lassen Sie uns den Auffassungen der Länder des Nordens und der Länder des Südens der NVV-Gemeinschaft gleiches Gewicht beimessen", sagte Baerbock.

Baerbock betonte, dass sie "geschlechtsspezifische Ansätze bei nuklearer Abrüstung und Nichtverbreitung" unterstütze. Sie wolle "den Dialog fördern und bei der Bewältigung der humanitären Folgen von Atomwaffen zusammenarbeiten – beim Opferschutz oder bei der Sanierung von durch Atomtests verseuchten Flächen." Daher habe die Bundesregierung den Beobachterstatus bei der ersten Konferenz zum Atomwaffenverbotsvertrag (AVV) eingenommen.

Über den Nichtverbreitungsvertrag (NVV)

Der nukleare Nichtverbreitungsvertrag, auch Atomwaffensperrvertrag genannt, wurde 1968 verabschiedet und gilt als Eckpfeiler des nuklearen Rüstungskontroll- und Abrüstungsregimes. Er regelt das Verbot der Verbreitung und die Verpflichtung zur Abrüstung von Kernwaffen sowie das Recht auf die "friedliche Nutzung" der Kernenergie. Insbesondere die unkonkrete Abrüstungsverpflichtung aus Artikel VI wird immer wieder kritisiert. sb

►Mehr Informationen zum Nichtverbreitungsvertrag (NVV)

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