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Russland

Putin stellt neue "unschlagbare" Atomwaffensysteme vor

02.03.2018

Russlands Präsident Vladimir Putin hat in seiner Rede zur Lage der Nation am vergangenen Donnerstag neue nukleare Waffensysteme vorgestellt, die Russland gegen potentielle Feinde besser verteidigen sollen. Kurz vor den Wahlen in zwei Wochen demonstriert er mit der neuen Technik die militärische Macht des Landes. Dabei behauptete er, die Systeme seien nur defensiv und kritisierte die Aufrüstung der USA, die Russland dazu zwinge, ebenfalls aufzurüsten.

 

In der Manege-Ausstellungshalle in Moskau sprach Vladimir Putin vor rund 1000 geladenen Gästen knapp zwei Stunden lang über seine Pläne für das Land und warb dabei für seine Wiederwahl am 18. März. Nachdem er ausführlich über innenpolitische Bedürfnisse gesprochen hatte, legte er schließlich den Schwerpunkt seiner Rede auf die neuen nuklearen Trägersysteme:

Videoanimationen zeigten die 200-Tonnen schwere Interkontinentalrakete Sarmat, die sowohl mit Nuklear-als auch Hyperschallraketen bestückt werden könne und 'keinerlei Reichweitenbegrenzung' aufweise. Zudem wurde dargestellt, wie ein atomar betriebener und mit Nuklearwaffen ausrüstbarer Marschflugkörper  durch seine unbegrenzte Reichweite jedes Abwehrsystem umfliegen und sein Ziel so stets erreichen könne. Doch nicht nur in der Luft, sondern auch zu Wasser soll neue Waffentechnik zum Einsatz kommen, eine mit Kernwaffen bestückte, nuklearbetriebene Unterwasserdrohne werde feindliche Kriegsschiffe, Marinebasen und Infrastruktur angreifen können. Sie könne sich ebenfalls interkontinental und in größten Tiefen fortbewegen und so von keinem Radar aufgespürt werden. Namen für die bisher unbenannten Marschflugkörper und die Unterwasserdrohne sollen durch eine online-Abstimmung festgelegt werden.

Eine weitere Waffe in dem dargestellten neuen Sortiment ist die  Hyperschall-Rakete Kinschal (Dolch), die in geringer Höhe fliege und so auf ihrem Flug nur schwer erkenn- und zerstörbar sei. Der Begriff "Hyperschall" wird ab einer Geschwindigkeit von Mach 5 verwendet, also fünffacher Schallgeschwindigkeit. Die USA und Australien haben bereits im vergangenen Sommer eine solche Waffe mit dem Namen HyShot V mit einer Geschwindigkeit von 9000 km/h getestet.

Verbindendes Element der neuen nuklearen Waffensysteme ist ihre angekündigte Eigenschaft, jegliches Abwehrsystem umgehen und so stets ihr Ziel erreichen zu können. Dennoch sagte Putin: "Wir bedrohen keinen, wir wollen niemanden angreifen und wollen diese Waffen nicht einsetzen." Die neue Technik sei eine nötige Gegenreaktion auf das Verhalten der USA, die sich 2002 einseitig aus dem ABM-Vertrag zur Limitierung von Raketenabwehrsystemen zurückgezogen hatten und durch die Installation solcher Schutzsysteme in verschiedenen Teilen der Welt das Mächtegleichgewicht gestört hätten. Die Bush-Regierung hatte nach den Terroranschlägen von 9/11 den Vertrag mit der Begründung aufgekündigt, Russland sei zunehmend Verbündeter und ein Schutz vor Angriffen durch Terroristen und 'Schurkenstaaten' vorrangig. Russland war mit der Kündigung des ABM-Vertrages nicht einverstanden.

Heute komme aber zusätzlich auch die jüngste Entwicklung in der US-amerikanischen Militärstrategie hinzu, so Putin: "Einige Punkte im neuen Atomprogramm der USA, die ganz klar den Einsatz von Atomwaffen erleichtern, geben Anlass zu großer Sorge." Damit geht er auf die im Februar veröffentlichte Atomwaffendoktrin der US-Regierung ein, die die Entwicklung kleinerer Atomwaffen mit geringerer Sprengkraft vorsieht. Dadurch soll flexibler auf Angriffe reagiert werden können. Als kleine Atomwaffe gilt jedoch auch ein Sprengkopf mit einer Detonationskraft von bis zu 20 Kilotonnen, wie er auch in Hiroshima zum Einsatz kam. "Jeder Einsatz von Atomwaffen gegen Russland und seine Verbündeten, egal welchen Ausmaßes oder welcher Stärke, wird als nuklearer Angriff auf unser Land verstanden. Die Antwort erfolgt sofort und mit allen Konsequenzen", erklärte Putin nun die Reaktion auf einen potentiellen Angriff auch mit 'kleinen' Atomwaffen.

Dementsprechend zeigten die Videoanimationen Angriffe der neuen Atomwaffensysteme in Richtung der USA. Dabei weichen Marschflugkörper und Raketen  land- und seegestützten Abwehrsystemen aus und steuern unaufhaltbar auf US-amerikanisches Festland zu. Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums kritisierte dies als geschmacklos: "Wir denken nicht, dass dies verantwortungsvoll ist." Vertreter des amerikanischen Verteidigungsministeriums zeigten sich von den russischen Ankündigungen nicht überrascht, schon seit geraumer Zeit hätten sie von der Entwicklung neuer Atomwaffen und Rüstungstechnologien gewusst.

Einige Beobachter äußern sich allerdings skeptisch zu Putins Angaben über die Waffensysteme. Beispielsweise sagt der deutsche Raketenexperte und Professor für Raumfahrttechnik an der TU München Peter Schmucker zum Marschflugkörper: "Das Ding wird zu schwer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die einen kleinen fliegenden Kernreaktor machen können."  Die Entwicklung einer Hyperschallrakete hält er schlichtweg für zu teuer. Auch Alex Kokcharov vom Informationsanalyseunternehmen IHS Markit erklärt, dass angesichts steigender Verteidigungsausgaben von USA und NATO Russland mit seiner schwächelnden Wirtschaft schlichtweg die finanziellen Mittel fehlen, um an einem echten Rüstungswettlauf teilzunehmen. jos

(Quelle: Kreml)

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