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Nordkorea | USA

Die Lage spitzt sich zu

10.08.2017

Die Rhetorik im Konflikt der USA mit Nordkorea droht weiter zu eskalieren. US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag vor der Presse indirekt mit einem Atomwaffeneinsatz gegen den kommunistischen Staat gedroht. „Mit Feuer, Wut und Macht“ würde man die aktuellen Drohungen Nordkoreas beantworten, „wie es die Welt noch nicht gesehen hat“. Seine Aussagen wurden daraufhin in direkten Vergleich mit der Ansprache des US-Präsidenten Truman gestellt, der die Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki vor 72 Jahren ankündigte. Nordkorea ließ in Staatsmedien verlauten, man wolle nun einen konkreten Angriffsplan auf die Pazifikinsel Guam ausarbeiten, welche zum US-Gebiet gehört.

Trump reagierte damit auf aktuelle Drohungen Nordkoreas und einen Bericht der Washington Post, welcher den US-amerikanischen Geheimdienst zitiert. Laut dessen neusten Einschätzungen, sei es möglich, dass das nordkoreanische Atomwaffenarsenal sich auf bis zu 60 Atomwaffen beliefe. Unabhängige Experten gehen allerdings von einer weitaus geringeren Zahl aus. Besonders beunruhigend sei die Nachricht, dass Nordkorea nach einigen erfolgreichen Interkontinentalraketen-Tests diese nun auch mit Miniatur-Atomsprengköpfen ausstatten könne. Nordkoreanische Medien hatten zudem am Dienstagmorgen die Ablehnung des Regimes der neuesten UN-Sanktionen zum Ausdruck gebracht, die darauf abzielten „eine Nation zu erwürgen“ und „physische Maßnahmen gnadenlos und unter Mobilisierung all seiner nationalen Stärke“ ergriffen werden würden.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Samstag, den 5. August einstimmig für die Verschärfung der Sanktionen gegen Nordkorea gestimmt. In der Resolution berufen sich die Staaten auf die letzten Raketentests Nordkoreas am 3. und 28. Juli, mit denen gegen bereits bestehende Resolutionen verstoßen wurde. Konkret wendet sich die Resolution gegen weitere Institutionen und Einzelpersonen, deren Vermögenswerte eingefroren werden und gegen die ein Reiseverbot verhängt wird. Weiterhin beschlossen die Staaten, die wirtschaftlichen Sanktionen auszuweiten, die eine verschärfte Kontrolle des Handels und ein umfangreicheres und wirksameres Verbot der Ausfuhr von Kohle, Eisen, Blei und Fisch bedeuten. Die Folgen der Beschlüsse werden laut Experten ein Drittel der nordkoreanischen Wirtschaftskraft betreffen.

Auch die Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche zwischen Nordkorea, Südkorea, China, USA, Russland und Japan sind in dem Rechtstext verankert. Der einzige Verbündete und Handelspartner Nordkoreas, China, welcher die bereits verhängten Sanktionen gegen Nordkorea zu spüren bekommt, stimmte der neuen Resolution ebenfalls zu. Peking kündigte zudem ein militärisches Großmanöver vor der Küste Nordkoreas an, um weiteren Druck auf den isolierten Staat aufzubauen. Die USA drängten bereits mehrfach auf ein Einschreiten der chinesischen Regierung, die besondere Möglichkeiten hätte, auf Pjöngjang einzuwirken. Bei Gesprächen am Rande des ASEAN-Gipfels in Manila forderte Außenminister Wang Yi den nordkoreanischen Außenminister indirekt dazu auf, seine Atom- und Raketentests zu stoppen. Verhandlungen mit Südkorea hatte Nordkorea beim Gipfel in Manila jedoch ausgeschlossen, angesichts der Zusammenarbeit des Südens mit den Vereinigten Staaten gegen Nordkorea.

Als Reaktion auf Trumps Äußerungen veröffentlichte die nordkoreanische Medianagentur am Mittwoch mehrere Stellungnahmen von Offizieren der nordkoreanischen Armee, welche die USA als Ursprung der Provokation bezeichnen, die durch die Aufrüstung der „kriegshungrigen US-Streitkräfte“ an der Grenze mit Südkorea und die „verabscheuungswürdigen“ Sanktionen hervorgerufen würden. Auch den USA werfen sie Raketentests, die wiederholt in Richtung Pjöngjang abzielen, sowie die Stationierung von taktischen Bombern, die mit Atombomben ausgerüstet werden können, auf der Pazifikinsel Guam vor. Diese Bomber würden häufig im südkoreanischen Luftraum unterwegs sein und vor den Augen Nordkoreas Kriegsübungen ausführen, weshalb man den US Air Force-Standort im Auge behalten und „notwendigerweise konkrete Handlungen von Bedeutung“ vollziehen müsse, um ihn zu „neutralisieren“. Konkrete Pläne dafür wolle Nordkorea innerhalb weniger Tage fertigstellen.

Zudem wirft Nordkorea den USA seit Längerem vor, sich für einen Regierungswechsel einzusetzen und den Zusammenbruch des Regimes zu forcieren. US-Außenminister Rex Tillerson versuchte bereits Anfang August zu beschwichtigen, um Nordkorea von einem Ende der Raketentests zu überzeugen. So betonte er, dass die USA nicht der Feind seien, die derzeitigen Entwicklungen jedoch eine „unzumutbare Bedrohung“ für die USA darstellten, auf die sie reagieren müssten. Am Mittwochnachmittag bemühte sich Tillerson zudem, die Gemüter zu beruhigen und erklärte in einer Pressekonferenz, dass keine unmittelbare Bedrohung durch Nordkorea bestehe und auch die USA einem militärischen Einsatz nicht näher gerückt seien. Am Donnerstag fand US-Verteidigungsminister James Mattis jedoch deutlichere Worte, als er das Regime in Pjöngjang warnte, „Aktivitäten, die zum, Ende des Regimes und zur Vernichtung seines Volkes führen würden“ zu unterlassen. Ein nukleares Wettrüsten mit Nordkorea könnten diese nur verlieren.

Am Jahrestag des Atomwaffenabwurfs von Nagasaki, der 70.000 Menschen das Leben kostete und bis heute schwere Spätfolgen bei Betroffenen verursacht, zeigten sich Atomwaffenexperten und Regierungen alarmiert von der immer angespannter werdenden Situation. „Wenn diese Drohgebärden weiter eskalieren, führen sie womöglich zu einer Katastrophe, die weit über die Grenzen der koreanischen Halbinsel zu spüren sein wird.“ sagt Xanthe Hall, Abrüstungsreferentin der IPPNW am Mittwoch. Mit Blick auf den sich zuspitzenden Konflikt warnte auch der Bürgermeister von Nagasaki vor einer neuen nuklearen Bedrohung. Nagasaki müsse „der letzte Ort“ bleiben, auf den eine Atombombe fiel.

Laut dem amerikanischen Nachrichtensender CNN plane Nordkorea bereits vier Mittelstreckenraketen vom Typ Hwasong-12 über Japan fliegen zu lassen, welche, laut CNN, 3300 Kilometer in 1065 Sekunden zurücklegen und 30 bis 40 Kilometer vor Guam ins Meer stürzen sollen. Die Pläne würden dann Kim Jong Un vorgelegt, der über das weitere Vorgehen entscheide. Ob die Raketen nukleare Sprengköpfe tragen sollten, wurde nicht weiter erwähnt. vb.

(Quellen: Tagesschau, Süddeutsche Zeitung, Der Spiegel 1 &2 , FAZ, Die Zeit)

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