24.01.2017
Wie nun am 22. Januar 2017 bekannt wurde, führte die britische Royal Navy am 20. Juni 2016 einen gescheiterten Abschusstest ihrer Trident-Atomraketen vor der Küste Floridas durch.
Die 13 Meter lange und 60 Tonnen schwere ballistische Rakete mit einer maximalen Reichweite von bis zu 12.000 Kilometern wurde von dem britischen Atom-U-Boot HMS Vengeance abgeschossen und sollte eigentlich planmäßig vor der Küste Afrikas in den Atlantik einschlagen. Stattdessen schlug die nicht-atomar-bestückte Rakete den entgegengesetzten Kurs in Richtung US-Küste ein, konnte jedoch mit Hilfe der eingebauten Selbstzerstörungsfunktion bereits lange vor Erreichen der Küste unschädlich gemacht werden. Scheinbar soll eine fehlerhafte Datenübertragung bei der Übermittlung der Zielkoordinaten schuld an dem misslungenen Test gewesen sein.
Was jedoch in Großbritannien für Aufruhr sorgte, ist nicht der gescheiterte Test selbst, sondern die Tatsache, dass die Regierung versucht hat, diesen Vorfall zu vertuschen.
Zwar erfolgte dieser Raketentest noch in den letzten Tagen der Cameron-Administration, doch kann man wohl davon ausgehen, dass Premierministerin Theresa May, die im Juli ihr Amt antrat, über den Vorfall unterrichtet wurde.
In einem Interview nachdem der misslungene Abschuss publik geworden war, weigerte May sich ganze vier mal eine Antwort auf die Frage des BBC Reporters Andrew Marr zu geben, ob sie von dem Test gewusst habe, bis Marr schließlich konstatierte, dass er wohl keine Antwort auf diese Frage bekommen werde.
Abgesehen von der offensichtlichen Peinlichkeit, war dies insofern höchst brisant, da nur wenige Tage nach der Amtsübernahme Mays, eine parlamentarische Abstimmung über die Erneuerung des britischen Trident-Atomwaffenarsenals mit einem Gesamtvolumen von ca. 46 Milliarden Euro, abgehalten wurde. Viele Abgeordnete werfen May nun vor, sie absichtlich nicht über den gescheiterten Test informiert zu haben, um die Glaubwürdigkeit des Atomwaffenprogramms und damit das Ergebnis der parlamentarischen Abstimmung nicht zu gefährden.
Die Abgeordnete hatten damals mit großer Mehrheit 472 zu 117 für die Modernisierung des nuklearen Arsenals gestimmt, was auch die Anschaffung neuer nuklearbetriebener U-Boote der Vanguard-Klasse, zu welcher auch die HMS Vengeance gehört und welche mehr als doppelt so groß und doppelt so lang wie ein Airbus A380 sind, mit einschloss.
Großbritanniens Nukleardoktrin sieht vor, dass immer eines der vier britischen Atom-U-Boote auf See kreuzt, um jederzeit die Kapazitäten für einen nuklearen Vergeltungsschlag Großbritanniens zu sichern. Jedes der U-Boote verfügt über bis zu acht Trident-Raketen die mit jeweils bis zu 40 unabhängig voneinander steuerbaren Nuklearsprengköpfen versehen werden können, von denen jeder einzelne eine maximale Sprengkraft von acht Hiroshimabomben erreichen kann.
Großbritannien testet diese ballistische Rakete wegen der enormen Kosten von ca. 20 Mio. Euro pro Stück, nur etwa alle vier Jahre und verkündete bisher jedes mal einen Erfolg.
Aufgrund dieses insgesamt fünften britischen Trident-Raketentests, müssen die Regierung um Theresa May aber auch Ex-Premierminister Cameron sich wohl noch einige unangenehme Fragen stellen lassen. tw (Quellen: BBC, CSIS, Handelsblatt, Guardian)
Bild oben: Theresa May, Portrait aus Abode of Chaos. Foto: Thiery Ehrmann / CC 2.0
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